Echtzeit

Unsere Computer sind Kopiermaschinen. Um ein Programm auszuführen muß es von einem Medium in den Speicher, vom Speicher in den Prozessor kopiert werden, ebenso alle Daten. Ergebnisse werden zurück kopiert. Der Befehlssatz eines jeden Rechners hat circa zehn Mal mehr Kopier- als Rechenbefehle.

Unsere Netze sind Kopiermaschinen. Wir sagen wir ’senden eine Nachricht‘, aber das Wort ist falsch. ‚Senden‘ impliziert, daß die Nachricht sich bewegt und für den „Ab“-Sender nicht mehr da ist. Das ist in der realen Welt so, aber nicht im Netz: Wir kopieren eine Nachricht an die Empfänger.

Das Wesen aller IT ist die Kopie.

Computer sind Kopiermaschinen. Das Netz macht aus allen Computern auf der Welt eine einzige Kopiermaschine. Und die Generation Rupert Scholz glaubt, daß sie noch politischen Gestaltungsspielraum hat…

Hier ist die Wahl. Sie ist die einzige Wahl. Sie ist digital, wie das Medium, das die Wahl erzwingt:

1. Kopieren hinnehmen.
2. jede Kommunikation von Jedermann mit jedem anderen immer auf ihre Legalität hin untersuchen und filtern.

unbedingt lesen: kristian köhntopp „falscher planet, falsches jahrtausend“

Was sie schon immer über die SPD und das Internet wissen wollten…

Ein grosser Teil der Parlamentarier ist mit dem Internet nicht aufgewachsen. Sie empfinden es daher möglicherweise sogar als Bedrohung. Sie nehmen es nicht als technisches Netz oder als Kommunikationsinfrastruktur wahr, verstehen nichts von Netzneutralität, sondern als etwas, wo man eben Böses bekommen kann und wo vermeintlich das Böse auch herkommt und die Gesellschaft durchdringt. Das Netz spiegelt nicht Probleme wider, sondern verursacht sie in deren Augen: (in beliebiger Reihenfolge und austauschbar Islamismus, Pornos, Hacker, Bombenbauanleitungen, Terroristen, Rechtsradikale und dann auch noch amoklaufende Jugendliche etc. etc.). Deshalb muss das auch bei uns bekämpft werden, zumal, siehe Olympia, es die Chinesen ja schliesslich sogar vormachen können (CSU- Uhl ernsthaft: Bei der Überwachung des Internet von China lernen)…

… kein (SPD-) MdB käme z.B. auf die Idee, zum Gespräch auf einen Bauernhof zu fahren, ohne sich vorher etwas über die Milchquote oder dergl. anzulesen oder wenigstens aufschreiben zu lassen. Unter „Internet“ können sich aber eben viele immer noch weniger vorstellen als unter einer Kuh…

… dieser Teil der Partei, zu dem auch Müntefering gehört, nimmt die „digitale“ Welt noch allenfalls als eine wahr, in die man preiswert und ohne Portokosten „etwas hinschicken“ kann. Bevorzugt nette Worte über sich selbst oder die Partei.

bundestagsabgeordneter jörg tauss auf abgeordnetenwatch.de über die spd und das internet

via

25th Hour

Offener Brief des hessische Landesvorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbelvon Thorsten Schäfer-Gümbel an die Parteispitze der SPD

„An die SPD-Bundestagsfraktion
Herrn Vorsitzenden Dr. Peter Struck, MdB
An den SPD-Parteivorstand
Franz Müntefering z.K.
per E-Mail

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, lieber Peter,

ich hatte Dich bereits vor einigen Wochen auf meine sehr kritische Meinung zum Vorgehen in Sachen Internetsperren hingewiesen. Aus diesem Grund habe ich in den vergangenen Wochen einige sachdienliche Hinweise gegeben, die eine Erweiterung der Debatte ermöglichen sollten. Den Antrag zum Bundesparteitag, dass das Gesetz nicht verabschiedet werden sollte, fand meine ausdrückliche Unterstützung. Der Beschluss des Parteivorstandes in dieser Angelegenheit ist zwar ein großer Fortschritt und hat einige Probleme entschärft, aber die grundsätzliche Frage nach den Internetsperren ist damit nicht geklärt worden. Sowohl das Verfahren als auch das Ergebnis in den Verhandlungen zwischen SPD und CDU/CSU überzeugten mich nicht. Sowohl die strafrechtlichen Wirkungen für den Vorrang der Löschung kinderpornographischer Inhalte sind unbestimmt, die Strukturen sind auf eine wirkliche und systematische Löschung nicht ausgelegt. Das muss aber unser Ziel bleiben! Ähnlich unbestimmt ist die Kontrolle des BKA durch das Gesetz. Daher halte ich das Gesetz nicht für verabschiedungsfähig.

Die gestern veröffentlichte Erklärung des Online-Beirats der SPD, die ich nachfolgend auszugsweise dokumentiere, trifft inhaltlich meine Zustimmung. Dort heißt es wörtlich:

„1. Es handelt sich um ein Gesetz, das einen Zensurmechanismus errichtet. Die Angst der Bürger, dass dieser Mechanismus missbraucht wird, ist angesichts der vielen Forderungen der Ausdehnung der Netzsperren hoch berechtigt…

2. Der notwendige Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornographie muss intensiv und vorbehaltlos geführt werden, aber mit effektiven Mitteln. Die Netzsperren sind erwiesenermaßen ineffektiv und zudem mit hoher Wahrscheinlichkeit grundgesetzwidrig. Sie berücksichtigen nicht, dass Kinderpornographie im Internet fast ausschließlich in geschlossenen Nutzergruppen wie Foren oder Chat-Systemen verbreitet wird. In der Antwort auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion hat das Wirtschaftsministerium bestätigt, dass die Bundesregierung keine Erkenntnisse über die internationale Verteilung von Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten hat. Auch liegen keine Informationen vor, in welchen Staaten Kinderpornografie nicht verfolgt wird.“

Die Argumente des Online-Beirates sind in diesen Punkten stichhaltig und verweisen auf die Problemlage. Ich will im Nachgang zu meinem Brief nochmals in aller Klarheit betonen, dass die abscheulichen Inhalte aus dem Netz müssen. Dazu bedarf es einer effizienten und effektiven Strafverfolgung sowie einer Löschung der Inhalte.

In jedem Fall wird die Debatte mit einer Entscheidung des Bundestages nicht beendet sein, die offenen Fragen müssen geklärt werden. Deshalb bitte ich nochmals die Argumente zu überprüfen und eine Beschlussfassung des Gesetzes auszusetzen.

In diesem Sinne verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Thorsten Schäfer-Gümbel“

via

80000

Ein weiteres Argument der Bundesregierung für Internetsperren lautet: „Kinderpornografie wird über kommerzielle Webseiten vertrieben, die Millionen umsetzen“. Dabei wird unter anderem auf eine britische Studie verwiesen. Diese zeigt aber gerade, dass kommerzielle Pornoproduktionen fast immer im legalen Bereich agieren und minderjährige Akteure praktisch nie auftreten. Die hohen Umsätze wurden in den siebziger Jahren erzielt, als sogenannte Lolita-Magazine offen am Kiosk auslagen. Heute wird Kinderpornografie den Ermittlern des LKA München und dem Bund deutscher Kriminalbeamter zufolge über Tauschbörsen, E-Mail-Verteiler oder klassisch per Post vertrieben. Webseiten spielen kaum eine Rolle.

Fast immer stammen die grausamsten Bilder dabei von Tätern aus dem Familienkreis. Und die veröffentlichen diese aus Profilsucht und völlig kostenlos. Genau an dieser Stelle muss sich die Politik fragen lassen, warum den kommunalen Sozialarbeitern und den Präventionsprojekten wie „Kein Täter werden“ das Geld fehlt.

zeit.de – Die Bundesregierung begründet das Gesetz für Internetsperren mit Fantasiezahlen und unsauberen Interpretationen. Eine Analyse

Dem Vortrag der Filmindustrie, wonach die Mehrzahl der „durchschnittlichen Internetnutzer“ durch die DNS-Sperre davon abgehalten würden, einen anderen Weg zu den gesperrten Inhalten zu suchen, wollte das Gericht keinen Glauben schenken. Tatsächlich sei es den Richtern selbst „in wenigen Minuten“ gelungen, eine Internetseite mit einer Anleitung zur Umgehung mit den verfügbaren Nameservern zu finden. Dieses dürfte für die typischen Nutzer von Filmdownloadseiten sogar noch schneller möglich sein.

heise.de – Urteil: DNS-Sperren sind zur Blockade von Inhalten „nur bedingt geeignet“

Petition

75000

Wie einfach es sein kann, Kinderpornos aus dem Netz zu tilgen, bewies Anfang März die Kinderschutzorganisation CareChild. Sie suchte sich aus einer im Internet aufgetauchten dänischen Sperrliste zwanzig Webadressen aus den USA, den Niederlanden, Südkorea, Portugal und England heraus, ermittelte die Provider und schrieb sie per E-Mail mit der Bitte an, die fraglichen Inhalte zu entfernen. Die Provider reagierten zügig. Bereits nach einem Tag waren sechzehn Webseiten abgeschaltet.

Dieses Ergebnis sei „beschämend“ für die deutsche Politik, sagt CareChild. Dass Webseiten mit illegalen Inhalten „so leicht und mit derart geringem Aufwand aus dem Netz zu fegen sind, sollte nachdenklich stimmen.“ Denn schon eine „Handvoll Polizeibeamter“ reiche aus, „um die dänische Sperrliste mit ihren 3500 Einträgen innerhalb nur eines Monats um die Hälfte schrumpfen zu lassen“, rechnet die Kinderschutzorganisation vor.

heute.de – Kinderpornografie: Täter verfolgen statt Seiten sperren

Petition

70000

Ein Grund für die abfällige Reaktion unseres Bundeswirtschaftsministers zu Guttenberg auf die eindeutig sehr erfolgreiche Petition ist wohl der Fakt das sie „im Internet“ stattfindet. Das „Volk“ muss ja vor diesem „Internet“ geschützt werden. Vor dem modernen Sodom & Gomorrha, wo Kinderpornos und Raubkopien zu Hause sind. Dem Hort der Urheberrechtsverletzung. Dem Ding vor dem Jugendliche sitzen die dann Amok laufen.

Wenn man auf der Strasse demonstriert ist das „Demokratie“. Im Internet scheint es etwas anderes zu sein. „Im Internet“ wird leider auch von den Zeitungen als Floskel benutzt die über die Petition berichten. „Sitz nicht solange vor dem Rechner, geh mal raus“. Genau. „Das Leben ist draußen“. Internet = Realitätsverweigerung.

Ich versuche ja sogar mich in die Sichtweise dieser Befürworter der Internetsperren reinzudenken – nur komme ich da nicht weit: sind die einfach nur dumm? Oder schlecht beraten, also irgendwie auch dumm? Oder wissen sie genau worum es geht, was bedeuten würde das es um etwas anderes geht. Jedenfalls nicht um den „Kampf gegen Kinderpornographie“.

Natürlich ist das unterschreiben so einer Petition im Netz einfach. Ich weiss nicht einmal wie das früher war, vor „dem Internet“. Wunderbar – so erreicht mich die Demokratie endlich auf eine Art in der ich mich beteiligen möchte. Trotzdem ist das nicht gleichzusetzen mit einem „Like“-Button bei Facebook & Co. Andererseits – wenn auf diese Art mehr Menschen zu einer Meinungsäusserung zu bewegen sind, wird das eine äusserst interessante Zukunft. Demokratie 2.0. Fehlen nur noch Politiker 2.0.

zeit.de – wie man eine generation verliert

logbu.de – zeitungsartikel zur zensurdebatte

Petition

60000

„Statt die Produzenten zu verfolgen, werden mutmassliche Konsumten verfolgt. Das ist etwa so, als würde man bei einer Razzia in einem Bahnhof alle Anwesenden Fahrgäste als mögliche Drogenkonsumenten verdächtigen, nur weil dort in der Nähe Drogen verkauft werden.“

dondahlmann.de – noch mal in ruhe, für alle politiker

::

Von der Leyen ließ dies dennoch unbeeindruckt. „Eine zivilisierte Gesellschaft, einschließlich der Internetgemeinschaft, die Kinderpornografie ernsthaft ächtet, darf auch im Internet nicht tolerieren, dass jeder diese Bilder und Videos vergewaltigter Kinder ungehindert anklicken kann“, teilte das Ministerium mit. „Das Leid der Opfer ist real, nicht virtuell. Jeder Klick und jeder Download verlängert die Schändung der hilflosen Kinder“.

„Mit anderen Worten: von der Leyen argumentiert, dass die Gegner ihres Gesetzes nicht zivilisiert seien.“

netzpolitik.org – online-petition in der tagesschau

::

„Besonders erschüttert es mich, dass nicht nur in der Alte-Leute-Partei CDU solche Wahnsinns-Entscheidungen forciert werden, sondern dass auch die SPD komplett ihren Mund hält und den populistischen Schwachsinn mitmacht. Und selbst aus Parteien wie den Grünen oder der FDP höre ich kaum Stimmen, die mir Mut machen, dass dem weltfremden und wirkungslosen Treiben der politischen Klasse im Bezug auf moderne Kommunikation und Unterhaltung ein Ende gemacht wird. Wenn dann noch der Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg – der Mann ist nur zweieinhalb Jahre älter als ich! – folgendes über die Anti-Zensur-Petition in die “Tagesschau”-Mikros spricht: “Das macht mich schon sehr betroffen, wenn pauschal der Eindruck entstehen sollte, dass es Menschen gibt, die sich gegen die Sperrung von kinderpornographischen Inhalten sträuben. Das ist nun wirklich einer der wichtigsten Vorhaben in vielerlei Hinsicht.” Wieder werden wir Unterzeichner der Petition, die zu wahrscheinlich 100,00% gegen Kinderpornographie und den Missbrauch von Kindern sind, als Irre abgestempelt, die sich mit Kriminellen verbünden. Diese Unwissenheit und Dumm-Dreistigkeit einiger der Entscheider in unserem Land lassen mich nur noch mit dem Kopf schütteln und machen mir wirklich Angst. Im Moment weiß ich nicht mehr, wen ich im Herbst wählen sollte. Poltiker, die offensichtlich null Ahnung von Internet und Computern haben, den Werkzeugen, die für mich, meine Generation und alle folgenden Generationen eine entscheidende Rolle bei Arbeit, Freizeit und vielem anderen spielt, solche Politiker kann ich nicht wählen.

popkulturjunkie.de – ein schrei

Petition